Donnerstag, 11. Juni 2020

Christsein und Politik

Nachdem wir uns im vorherigen Teil speziell mit der Obrigkeit (bzw. Regierung) auseinandergesetzt haben, wollen wir ein weiteres Mal einen Blick auf das Feld der Politik werfen.
Kurz vor dem Werk von Golgatha kündigte der Herr Jesus das Kommen des Heiligen Geistes mit folgenden Worten an: »Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden. Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben; von Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater hingehe und ihr mich nicht mehr seht; von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist.« (Johannes 16,7-11; ElbCSV)
Dies zeigt uns, dass diese Welt schon gerichtet d.h. das Urteil über sie und ihr Wesen schon gesprochen wurde. Der Beleg dafür ist die Abwesenheit des Herrn Jesus und die Anwesenheit des Heiligen Geistes. Die Durchführung dieses Gerichtes liegt noch in der Zukunft und es werden dem auch noch diverse Ereignisse (wie die Entrückung der Gemeinde und die völlige Entfaltung des Bösen) vorausgehen.
Für uns ist die damit verbundene Erkenntnis von Bedeutung, dass sich diese Welt nicht verbessern lässt. Sie geht unaufhaltsam diesem Gericht entgegen. Es ist also nicht unsere Aufgabe diese Welt zu verbessern, nein, wir können es auch gar nicht. Wir werden sogar darauf hingewiesen: »Dies aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten eintreten werden;« (2. Timotheus 3,1; ElbCSV).
Sollten wir deshalb mutlos sein? Keineswegs! Gott hat uns nicht untätig in dieser Welt gelassen, sondern als Seine Gesandten: »So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!« (2. Korinther 5,20; ElbCSV).
Wir sind gewissermaßen als Botschafter Gottes in dieser Welt. An anderer Stelle werden wir als »Fremdlinge und als solche, die ohne Bürgerrecht sind« (s. 1. Petrus 2,11) angesehen; „in der Welt“, aber nicht „von der Welt“ – „aus der Welt auserwählt“, „aus der Welt gegeben“ aber noch nicht aus der Welt weggenommen (z.B. Joh. 17; Joh 15,19, u.a.). Wir leben also (als Botschafter) in dieser Welt, gehören ihr aber nicht an, sondern sind Repräsentanten einer anderen, nämlich der „himmlischen Welt“.
Charles Henry Mackintosh schrieb dazu einmal:
"Die Versammlung hat nichts mit der Politik dieser Welt zu tun. Ihr Bürgertum ist in den Himmeln, von woher sie auch den Herrn als Heiland erwartet (Phil 3). Wenn sie sich in die Politik dieser Welt einmischt, erweist sie sich untreu gegen ihren Herrn, ihre Berufung und ihre Grundsätze. Es ist ihr hohes und heiliges Vorrecht, mit einem gekreuzigten, auferstandenen und verherrlichten Christus verbunden zu sein. Sie hat so wenig mit Gesellschaftsproblemen oder dem Lauf der Weltgeschichte zu tun, wie ihr verherrlichtes Haupt in den Himmeln. Der HERR selbst sagt von den Kindern Gottes: „Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,16).
Das ist entscheidend und kennzeichnet unsere Stellung und unseren Weg hier auf der Erde. „Wie er ist, sind auch wir in dieser Welt.“ Diese Worte enthalten eine doppelte Wahrheit, nämlich unsere Annahme bei Gott und unsere Trennung von der Welt. Wir sind in der Welt, aber nicht von ihr. Wir haben als Fremde in ihr zu leben, indem wir auf die Ankunft unseres Herrn warten, auf die Erscheinung des hellen, glänzenden Morgensterns. Aber es ist nicht unsere Sache, uns mit der Politik zu befassen. Wir sind berufen und werden wiederholt ermahnt, den „obrigkeitlichen Gewalten“ zu gehorchen, für alle, die in Hoheit sind, zu beten, Steuern zu entrichten und niemand etwas schuldig zu sein. Wir sollen „untadelig und lauter“ sein, „unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“, in dem wir scheinen „wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens“ (Phil 2,15). Hieraus geht hervor, wie wichtig es ist, „das Wort der Wahrheit recht zu teilen“ (2. Tim 2,15).«
Quelle: Charles Henry Mackintosh, Die fünf Bücher Mose, CSV, Hückeswagen

Ein Bekenntnis zum Schluss: Das hier Vorgebrachte schreibe ich als jemand der in der Vergangenheit sowohl (im Ortsverein einer Partei) politisch aktiv war, als auch (am Ort) politische Ambitionen hatte. Heute weiß ich es besser und darf es getrost Gott überlassen seinen Ratschluss in dieser Welt auszuführen und mich – Seinem Wort und meinem Gewissen folgend – von politischen Aktivitäten fernhalten. Unsere himmlische Stellung als Christen, der damit verbundene Wandel, die Verbindung mit dem verherrlichten Christus im Himmel, der in uns wohnende Geist Gottes, all das trennt uns völlig von jeglicher politischen Bestrebung in dieser Welt und sei sie noch so gut gemeint. Ursprung und Ziel, Gegenwart und Zukunft der Versammlung (Gemeinde) sind himmlisch und davon sollte unsere Gesinnung auch geprägt sein.

Montag, 1. Juni 2020

Die Obrigkeit (in Zeiten von Corona)

In seinem sehr empfehlenswerten Kommentar zum Römerbrief schreibt Rudolf Brockhaus zu Kapitel 13:
»Der Christ ist zwar nicht von der Welt, aber noch in der Welt, gleich seinen Mitmenschen, und so ist er verpflichtet, den obrigkeitlichen Gewalten zu gehorchen, und zwar aus Gründen, die für ihn von der höchsten Bedeutung sind. Zunächst ist die Obrigkeit „von Gott verordnet“, dann ist sie „Gottes Dienerin“, und schließlich sind die von ihr angestellten Personen „Gottes Beamte“ (V. 4+6). Es könnten kaum ernstere Gründe für unsere Verpflichtungen der Obrigkeit gegenüber aufgeführt werden. Ganz ähnlich ermahnt der Apostel Petrus in seinem ersten Briefe die Gläubigen aus der Beschneidung, sich um des Herrn willen aller menschlichen Einrichtung zu unterwerfen (Kap. 2, 13+14).«
»Selbstverständlich bleibt das bekannte, dem Synedrium gegenüber ausgesprochene Wort der Apostel: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen“, allezeit zu Recht bestehen. Stellt eine obrigkeitliche Gewalt eine Forderung an uns, die dem klar ausgesprochenen Willen Gottes zuwiderläuft, deren Erfüllung also unser Gewissen belasten würde, dann muss dieser Wille von uns beachtet und der obrigkeitlichen Forderung übergeordnet werden. Aber auch nur in diesem Falle. In allen anderen habe ich mich einfach zu unterwerfen, ganz gleich, welchen politischen Charakter die Obrigkeit trägt, ob sie monarchisch, republikanisch oder was irgend sonst ist, ob sie ihren Verpflichtungen nachkommt oder nicht. Denn es gibt keine Obrigkeit oder Gewalt außer von Gott. Wie einfach macht das den Weg für den Christen!«
»Wo ein Christ leben und in welcher irdischen Stellung er sich befinden mag, er hat der Obrigkeit zu gehorchen, der er unterstellt ist und die heute regiert; kommt morgen, vielleicht selbst infolge einer gewaltsamen Umwälzung, eine andere, so hat er sich der zu unterwerfen, ganz gleich, ob sie ihm gefällt oder nicht. Auch hat er nicht zu untersuchen, ob die Verordnungen, welche die jeweilige Obrigkeit trifft, die Gesetze, die sie gibt, richtig oder unrichtig sind, ob sie ihm und anderen Nutzen oder Schaden bringen; seine Sache ist, für die Obrigkeit zu beten, dass Gott sie richtig leiten und ihr Einsicht und Weisheit schenken möge, zum Wohle des Landes und Volkes zu regieren, und – ihr ohne Murren zu gehorchen, soweit das mit seinem Gewissen verträglich ist. Wenn er verwirklicht, dass seine Interessen nicht mit dieser Erde, sondern mit dem Himmel verbunden sind, wird ihm das auch nicht schwer werden.«
»Niemals gibt das fehlerhafte Verhalten einer höheren oder niedrigen Gewalt, eines der Beamten Gottes, dem Christen ein Recht, seinerseits nun auch seinen Verpflichtungen nicht treu nachzukommen. Fehlt die Obrigkeit in ihrem Auftrag als Gottes Dienerin, so hat sie es mit Gott zu tun; der Christ aber ist gehalten, unter allen Umständen „das Gute zu üben“, auch allen zu geben, was ihnen gebührt, „die Steuer, dem die Steuer, den Zoll, dem der Zoll, die Furcht, dem die Furcht, die Ehre, dem die Ehre gebührt“ (V. 7).«
Quelle: Rudolf Brockhaus, Gerechtfertigt aus Glauben, Römerbrief, 4. CSV-Auflage 1993, CSV Hückeswagen (Hervorhebungen von mir)

Warum dieses umfangreiche Zitat? Die Schrift lehrt uns, dass es verschiedene Autoritäten in unserem Leben gibt. Da haben wir natürlich Gott und Sein Wort als Autorität, aber auch Menschen (innerhalb der Familie, bezüglich der Schöpfungsordnung, im Arbeitsverhältnis und eben in Bezug auf die Obrigkeit).
Leider sehen wir, dass die Bereitschaft diese Autoritäten anzuerkennen und ihnen mit Respekt zu begegnen (auch bei Christen) immer mehr abzunehmen scheint.
Ist es nicht bemerkenswert, dass Paulus im 1. Timotheusbrief dazu auffordert für die Obrigkeit zu beten, zu einer Zeit, als Nero in Rom als Kaiser herrschte. Dieser Kaiser brachte Verfolgung und Leid über die Christenheit und doch rief Paulus nicht dazu auf diesen Mann zu bekämpfen, sondern schlicht für die Obrigkeit zu beten.
Was ist das Verachten von Herrschaften (s. Judas 1,8) anderes als der „Geist der Gesetzlosigkeit“? H. L. Heijkoop schreibt dazu in seinem Kommentar zum Judasbrief: 
»Es ist die vollkommene Offenbarung des menschlichen Eigenwillens, durch den er s i c h und s e i n e Rechte in den Vordergrund stellt und gleichzeitig sich weigert, eine höhere Autorität anzuerkennen.«
Quelle: H. L. Heijkoop, Der Brief des Judas, 1961, Ernst Paulus Verlag, Neustadt a. d. Weinstr.
Hinzu kommt, dass Gottes Wort wenn es von Gehorsam redet unsere Pflichten bzw. unsere Verpflichtung in den Vordergrund stellt. Es ist zur Mode geworden zuallererst auf unseren (vermeintlichen) Rechten zu beharren, aber gerade das finden wir hier nicht. Ganz grundsätzlich haben wir der Regierung zu gehorchen.
»Das Christentum nährt keinen Geist grober und aufsässiger Unabhängigkeit. Und was gehört sich den Obrigkeiten gegenüber? Gebet, Fürbitte, selbst für die Höchsten, seien es Könige oder sonstige Herrscher! Vor allem sie benötigen eine solche Fürbitte.«
Quelle: William Kelly, Einführender Vortrag zum 1. Timotheusbrief, abgerufen auf bibelkommentare.de
Man kann im Zuge der Corona-Maßnahmen beobachten wie viele der oben genannten Grundsätze missachtet werden. Maßnahmen werden ignoriert, Politiker z.B. als „Verbrecherbande“ beschimpft, offene Auflehnung (wie die Empfehlung Politiker aus den Ämtern zu jagen) sogar gepredigt, indem man seine eigene politische Agenda von der Kanzel herab verkündigt, weil man den derzeitigen politischen Kurs ablehnt. Man sieht eigentlich ernsthafte Gläubige zusammen in Verbindung (Jochgemeinschaften; s. 2. Korinther 6,15) mit allerlei Verschwörungsgläubigen (aus esoterischen, rechts-esoterischen und anderen Bereichen), Rassisten, u.a. Anstatt sich von jeder Art des Bösen fernzuhalten (s. 1. Thessalonicher 5,22) marschiert man auf Demonstrationen in einer Phalanx; wie traurig ist das!
Nein, wir wollen diejenigen anerkennen, die Gott als Autoritäten in unserem Leben gegeben hat. Wir wollen ihnen mit Achtung und Respekt begegnen, gerade dort wo es uns schwerfällt. Wir wollen uns nicht als aufsässig erweisen, sondern als gehorsam. Wir wollen vor allem für „alle, die in Hoheit sind“ beten (Fürbitte! - nicht gegen sie).
Den Knechten wird einmal gesagt, dass ihr Verhalten als Ziel hat, »damit sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem.« (s. Titus 2,10). Möge unser Verhalten wirklich dazu führen, damit wir auf dieser Erde als Salz und in dieser Welt als Licht (s. Matthäus 5,13-14) wahrgenommen werden.

Zum Abschluss noch der Ausblick auf die Zukunft:
»Gott regiert heute nicht direkt, sondern er tut es in Vorsehungen durch Menschen, die er dazu einsetzt. Erst nach der Entrückung der Versammlung in den Himmel werden die Regierungen nicht mehr von Gott gegeben, sondern direkt von Satan inspiriert sein. Das wird eine furchtbare Zeit sein. Im darauf folgenden 1000-jährigen Reich wird Gott direkt in der Person seines Sohnes regieren. Bis heute aber sind Regierungen von Gott eingesetzt. Gott hat sie als Institution und als Autorität gegeben, damit hier auf der Erde eine gewisse Stabilität garantiert ist. Der Ursprung der Regierungen findet sich nach der Flut. Das wird uns im ersten Buch Mose beschrieben (vgl. 1. Mo 9,6).«
Quelle: Ernst-August Bremicker, 1 Timotheus 2 – eine Vers-für-Vers-Auslegung, abgerufen auf bibelkommentare.de