Sonntag, 27. Mai 2012

Bibelclips und was wir daraus (nicht) lernen

Schon seit einiger Zeit strahlt der Fernsehsender RTL sogenannte „Bibelclips“ aus. Und die Frage ist durchaus berechtigt, was Die Heilige Schrift im Umfeld eines doch recht niveauarmen Senders zu suchen hat. Beides ist letztlich nicht miteinander in Einklang zu bringen, wie sich an einem einzigen Beispiel leicht zeigen lässt.

So wird die Sendung DSDS Kids (ein „Talentwettbewerb“ für Kinder) mit folgendem Bibelvers verknüpft: „Freu dich in deiner Jugend, sei heiteren Herzens in deinen frühen Jahren. Geh auf den Wegen die dein Herz dir sagt zu dem was deine Augen vor sich sehen.“ (Kohelet 11,9)

Wie tendenziös dieses Zitat ist, sieht man, wenn man es im Kontext betrachtet: »Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und dein Herz mache dich fröhlich in den Tagen deiner Jugendzeit, und wandle in den Wegen deines Herzens und im Anschauen deiner Augen; doch wisse, dass für dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird. Und entferne den Unmut aus deinem Herzen, und tu das Böse von deinem Leib weg; denn die Jugend und das Mannesalter sind Eitelkeit.« (Prediger 11,9-10; ElbCSV)

Ein Bruder schreibt hierzu sehr treffend:
»…die Ankündigung des Gerichts ist ebenfalls ein Teil davon. „Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend.... und wandle in den Wegen deines Herzens... „. Das ist die Philosophie vieler junger Leute, die sorglos dahinleben. Aber der Schluss des Satzes sollte sie zum Nachdenken bringen: ...doch wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird“ (Vers 9). Ja, Gott wird Rechenschaft von dir verlangen über jeden Genuss: Für wen und für was hast du gelebt? Nicht alles beschränkt sich auf diese Erde. Es gibt einen Gott, und dieser Gott ist Richter. Freund, der du noch nicht bekehrt bist, möchte diese Warnung dich zum 1. Vers des 12. Kapitels führen.«

Jean Koechlin, Ährenlese im Alten Testament, Band 3 Sprüche - Maleachi, Beröa-Verlag Zürich

In der Vergangenheit musste derselbe Bibelvers schon einmal (in abgewandelter und ergänzter Form) für die Love-Parade herhalten. Dabei wird eine billige, unbeständige und der Bibel entgegengesetzte Freude proklamiert, der Paulus – aus dem Gefängnis schreibend – entgegenzusetzen weiß: »Freut euch in dem Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!« (Philipper 4,4; ElbCSV).

Aber auch über diesen Vers lohnt es sich nachzudenken:
»Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.« (Römer 12,2; ElbCSV).

Hierzu schrieb Aiden W. Tozer einmal:
Die Annahme, die Menschen seien geboren, »um glücklich zu sein«, wird in der heutigen Gesellschaft von kaum einem infrage gestellt, und die Auswirkungen dieses modernen Hedonismus spürt man auch im Volk Gottes.
Das christliche Evangelium wird nur allzu oft als Mittel zum Glücklichsein, zu Herzensfrieden und Sicherheit angepriesen. Es gibt sogar solche, die die Bibel zum »Relaxen« benutzen – so, als sei sie eine Droge.
Wie falsch das ist, kann man leicht entdecken, wenn man das Neue Testament einmal ganz und unter ernstem Nachdenken liest. Dort liegt der Nachdruck nicht auf Glück, sondern auf Heiligkeit. Gott interessiert sich mehr für den Zustand unserer Herzen als für den Zustand unserer Gefühle.
Ohne Zweifel bringt der Wille Gottes denen, die gehorsam sind, am Ende Freude. Aber die wichtigste Angelegenheit ist nicht, wie glücklich wir sind, sondern wie heilig!
Das kindische Geschrei nach Glück kann zu einer richtigen Falle werden, weil man sich leicht betrügen kann, indem man eine Religion der Freude kultiviert, ohne das dazugehörende gerechte Leben zu praktizieren.
Für alle, die das Gesagte ernst nehmen, habe ich einen Vorschlag: Geh zu Gott und verschaffe dir Klarheit. Sag Ihm, du wollest gern heilig sein, koste es, was es wolle – und bitte Ihn niemals, dir mehr Freude als Heiligkeit zu geben! Sei dir sicher: Du wirst am Ende genauso froh sein, wie du heilig bist. Aber im Augenblick richte dein ganzes Verlangen darauf, Gott zu dienen und Christus ähnlich zu werden!

A. W. Tozer, Verändert in Sein Bild - Tägliche Andachten, 2. Auflage 2012, CLV, Bielefeld