Sonntag, 29. Juli 2012

Zeugnisse der Vergangenheit - Teil 3

Abschiedspredigt in Walddorf am 23.07.1978
Pfarrer Oskar Girle (* 13.02.1913 in Posen, gest. 20.02.1992 in Schlaitdorf)

Der folgende Text ist die schriftliche Wiedergabe einer Audioaufzeichnung. Insbesondere bei Namen, deren Personen mir nicht bekannt sind, ist die Wiedergabe möglicherweise nicht korrekt. Gegen Ende fehlt ein kleines Stück (Bandwechsel? Band defekt? während der Danksagungen.). Bis auf die Korrektur kleinerer Versprecher, etc. wurde die Eigentümlichkeit der Vorlage vollständig beibehalten.

Wir hören ein Wort aus dem ersten Johannesbrief, Kapitel 3, Vers 19 und 20: »Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor Ihm damit stillen, dass wenn unser Herz verdammt, Gott größer ist denn unser Herz, und erkennt alle Dinge.«

Liebe Gemeinde,
in der Registratur des Pfarramts gibt es eine sogenannte Pfarrertafel. Darin stehen die Namen sämtlicher Pfarrer, die hier von 1555 bis 1978 Dienst getan haben. Es sind da eine ganze Reihe von Daten und persönlichen Bemerkungen. Unter anderem auch vermerkt: Die Dienstzeit d.h. wie lange jeder Pfarrer hier in der Gemeinde Walddorfhäslach war. Ich hab´ einmal diese ganze Pfarrertafel daraufhin durch gesehen wie lang denn die Dienstzeiten so im Durchschnitt sind. Die kürzeste Zeit ist vier Jahre. Und die längste einunddreißig Jahre.
Im 16. Jahrhundert – also vor 400 Jahren – war hier ein Pfarrer mit Namen Matthäus Campanus, auf Deutsch Bauer. Der hat hier 31 Jahre in Walddorf seinen Dienst getan. Der nächste bin ich mit meiner Familie – 29 Jahre in Walddorf.

Die Älteren unter uns werden sich daran erinnern, wie ich hier in Walddorf aufzog, das war feierlich. Ich wurde empfangen wie ein Fürst. Wir kamen von Pliezhausen. Angesichts des Kirchturms von Walddorf stiegen wir aus dem Lastwagen, der unsere wenigen Habseligkeiten transportierte. Der Kirchengemeinderat begrüßte uns oben auf der Kappel. Und dann marschierten wir feierlich zu Fuß in Begleitung noch anderer Gemeindeglieder vor die Kirche, wo wir uns zum ersten Mal begrüßt haben.
Meine Frau und ich erinnern uns, dass wir hier in Walddorf sehr freundlich aufgenommen wurden und sehr herzlich. Ich erinnere mich besonders an eine Frau, ältere Frau, hier in Walddorf, die sagte: „Ach, das freut uns aber,  dass sie nach Walddorf gekommen sind. Wir haben in Pliezhausen schon viel Gutes von ihnen gehört. Ich hab´ sie auch schon mal bei einer Beerdigung in Pliezhausen gehört, und wenn sie so in Walddorf predigen, dann wird man sich hier auch an ihnen freuen.“ Nun machte sie ne´ Pause und sagte mit etwas wehmütiger Stimme: „Ach, aber in Walddorf hält sich was rechtes nicht lange.“
Nachdem wir 29 Jahre in Walddorf uns gehalten haben, da wisst ihr jetzt, was ihr von uns zu halten habt.

Ergänzend muss ich sagen: Damals jedenfalls galt auch die Kirchengemeinde Walddorf als keine rechte Gemeinde. Das war im ganzen Unteramt bekannt; und zwar deswegen, weil hier – damals – einzelne Gruppen miteinander ziemlich gespannt und im Streit miteinander lebten. Da hat natürlich ein Pfarrer Angst sich um Walddorf zu bewerben. Ich erinnre mich wie der Dekan mir damals sagte: „Walddorf macht mir Kummer. Um Kusterdingen haben sich 18 Pfarrer beworben und um Walddorf kein einziger. Wenn die bis Gniebel oder Rübgarten kommen, dann drehen sie um.“
Dann kam Kirchenpfleger von Häslach Johannes Hauser, Kirchenpfleger Herrmann Wild – besuchten uns in Pliezhausen und sagten: „Ach, bewerben sie sich doch um Walddorf“. Genauso redete uns der Dekan zu. Er sagt: „Bewerben sie sich doch um Walddorf. Die Gemeinde macht mir Kummer mit der Besetzung.“
Nun hab´ ich mit meiner Frau darüber gesprochen. Und da hat sie gemeint: „Wir sind ja noch jung. Und wenn wir nach Walddorf gehen, dann verheiraten wir uns ja nicht mit Walddorf, bis das der Tod uns scheide“. Also haben wir es gewagt.

Aber nun, wenn wir jetzt zurückblicken, was daraus geworden ist: Kein rechter Pfarrer, keine rechte Gemeinde. Und das ich tatsächlich kein rechter Pfarrer war, das wurde mir bestätigt in einer Unterredung die nicht ganz freundlich war, mit einem Mann; er sagte: „Sie sind überhaupt kein Pfarrer. Sie sind ein junger Springer“ . Zuerst war ich beleidigt. Tief beleidigt. Über solche Unverschämtheit, wie ich meinte. Vielleicht hat er es auch unverschämt gemeint. Aber, als ich und sooft ich darüber nachdachte, fragte ich mich: „Warum bist du denn eigentlich so getroffen? Warum bist denn so beleidigt? Warum geht dir das denn so unter die Haut? Unter Umständen darum, weil der Mann recht hat?“

Und dann fiel mir ein, dass ich so manches Mal in jenen Jahren geseufzt hab´, wenn ich an eine Predigt heranging und hab´ im Stillen vor Gott mein Herz ausgeschüttet und hab´ Ihm auch gesagt – ähnlich wie Jeremia: „Ich tauge nicht zu predigen. Ich bin zu jung“. [Und] das ist natürlich ein Problem und das können nur diejenigen verstehen, die vielleicht Bibelarbeiten machen, Bibelstunden halten, dass das Alter natürlich auch eine Rolle spielt ob wir zu predigen taugen oder nicht. Und das einem das schon manchmal Minderwertigkeitskomplexe geben kann. „Ich bin kein rechter Pfarrer, ich tauge nicht zu predigen, ich bin zu jung“.

Aber nun das Erleben in den folgenden Jahren. Kein rechter Pfarrer, in keiner rechten Gemeinde. Und mit der Zeit hatten wir den Eindruck: Gibt´ keine so gute Gemeinde wie Walddorf. Und es gibt nirgends so gute Mitarbeiter, kirchliche Mitarbeiter, wie in Walddorf. Und wenn das möglich wurde, das zerstrittene Gruppen wieder zusammengefunden haben, dann ist das nicht mein Verdienst. Sicher habe ich das gewünscht und gewollt und auch entsprechend gepredigt. Aber: Bewirkt hat das der Gott des Friedens, der Dinge fertigbringt, (die kein Pfarrer fertigbringt), der Frieden machen kann. Und an dessen Tun wir merken können: Gott ist größer als unser Herz!

Ich habe dieses Wort aus dem ersten Johannesbrief absichtlich frei gewählt, weil dieser Satz – Gott ist größer als unser Herz – dauernd mich bewegte, wenn ich in den letzten Monaten an meinen Ruhestand dachte und natürlich dabei auch immer wieder Rückblick gehalten hab´. Im Blick auf alle Dinge drängte sich mir das direkt auf: Gott ist größer als unser Herz! Darum passieren Dinge, die wir Ihm nicht zutrauen und die wir für unmöglich halten.

Rückblickend kann ich das einmal ganz allgemein sagen. Im Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung seit 1945; nur ein paar kleine Episoden, die kennzeichnen, wie es uns damals ging. Einzige Verbindung von Pliezhausen nach Tübingen war das Fahrrad. Meine Frau und ich hatten paar alte Fahrräder. Und wenn wir nach Tübingen fuhren, dann ging da immer die Luft aus. Wir mussten paar Mal absteigen und Luft nachpumpen oder gar den Schlauch flicken. Und das war schwierig, man bekam nicht Mal Flickzeug und Flickgummi.
Im Pfarrhaus lebten vier Familien. Oben im Dachgeschoss Familie Grebenstein. Auf unserem Stockwerk Frau Ulef [?] mit Tochter. Und unten im jetzigen Amtszimmer die verköpfige Familie Jürg Heid[?]. Man kann denken: Das Pfarrhaus ist groß, da haben vier Familien Platz. Aber da muss man mal… Das muss man mal einige Jahre durchleben. Ich habe damals nicht gemurrt, obwohl uns das natürlich nicht gepasst hat, das wir so bedrängt und beengt lebten. Aber ich hab´ da, hier in unserm Teil, etwas mitempfinden können von dem Jammer und den Schwierigkeiten in dem damals ganz Westdeutschland war. Dadurch, das 20 Millionen Heimatvertriebene in das Restdeutschland, Westdeutschland kamen, wo damals noch Stuttgart und Frankfurt, und alle Großstädte zerstört und zertrümmert waren. Soundsoviel Hunderttausende von Wohnungen unbewohnbar. Und nun kommt noch dieser Flüchtlingsstrom mit 20 Millionen.
Damals sagte jeder nüchterne Mann: „Was auf uns zukommt, ist ein langsames verenden“. Und das war vernünftig gesehen auch so zu erwarten, denn die sogenannten Kornkammern Deutschlands – Ostpreußen, Westpreußen, Posen, Pommern, Schlesien, Brandenburg – die waren verloren gegangen. Wie sollten die, die zusätzlich hergekommenen Heimatvertriebenen mit uns zusammen – wie sollte wir da bestehen und leben? Und nun, dieser Wandel und diese Entwicklung.
Wir haben damals oft Hunger gehabt. Als ich in Pliezhausen war, da sah ich etwas anders aus als jetzt. Jeder sprach mich darauf an: „Ach, sind sie mager. Sind sie elend“. Und als einmal meiner Frau jemand etwas brachte, sagt sie: „Aber geben sie´s bitte auch ihrem Mann“. Denn sie sah, obwohl sie weniger aß als ich, sah sie immer noch n´bisschen besser aus.
Was das Essen damals für eine Rolle spielt und wie bescheiden man sein musste. Dreimal in der Woche machte meine Frau Pellkartoffeln und Lauch, Lauchgemüse. Das war noch einigermaßen schmackhaft.
Und dann ein großes Erleben, weil unsere Fahrräder so schlecht waren, bekamen wir einen Brief von einer ehemaligen Lehrerin aus Mockrau, unserer letzten Gemeinde in Westpreußen. Und darin teilte sie unter anderem mit: „Ich bin mit ihrem Fahrrad geflohen und ein Militärfahrzeug hat mich nach Braunschweig gebracht. Mein Fahrrad steht abholbereit da, wenn sie die Reise wagen wollen. Meine Frau hat tatsächlich die Reise gewagt und ist mit dem Zug über zwei Zonengrenzen – und viel Wartezeiten, denn an den Zonengrenzen gab´s nicht mal Anschluss, Zugverbindung. Das war eine beschwerliche Reise, aber die hat sie auf sich genommen, nur damit wir ein gutes Fahrrad bekamen. Und das größte Reiseerlebnis: Damals war meine jüngste Schwester Pfarrfrau im Südharz. Und weil das nicht so weit weg von Braunschweig war, besuchte meine Frau meine Schwester; und erzählte nun beglückt, sie hätte bei Schwester Hanni Grütze mit Kartoffel gegessen. So gut gekocht und so viel, das sie so satt war, dass das für die ganze Reise reichte. So wichtig das Essen; so bescheiden.
Es ist gut, wenn wir uns immer wieder Mal an diese Tage, an diese Zeit erinnern lassen, damit wir etwas dankbarer werden. Mich hat die Entwicklung beeindruckt, weil hier etwas passiert ist in dreißig Jahren, was damals kein Mensch für möglich gehalten hat. Das wir nicht nur mit einem intakten Fahrrad, sondern mit guten Autos fahren werden. Das wir alle Essen können, so viel wir wollen und so gut. Und das wir wieder eigene Wohnungen haben. Alle die im Pfarrhaus gewohnt haben, Grebensteins haben ihre schöne Wohnung, Ulef mit Tochter hat zwei Häuser in München und Jürg Heids haben in Betzingen auch ein eigenes Heim gebaut. Wieder ein kleiner Ausschnitt für eine Entwicklung im Großen, die so unerhört ist, so unglaublich, das allein im Gedanken an die wirtschaftliche Entwicklung in unserm Volk es doch unerhört ist, dass das ärmste, bedauernswerte Volk 1945 jetzt zweite, führende Wirtschaftsmacht in Europa geworden ist und wir alle daran teilnehmen. Bedenken, geschichtlich, Gott ist größer als unser Herz.

Dann persönlich: Die Gemeinde Walddorf hat sehr daran teilgenommen, als wir vor Jahren mit Krankheit geschlagen waren. Das erste Mal, als ich mich von Walddorf wegbewarb nach Schmieden, kamen Gallensteine und Nierensteine dazwischen. In dem Zustand konnte ich nicht wechseln und der Kirchengemeinderat sagte sehr erfreut: „Betrachten sie ihre Gallen- und Nierensteine als die Steine an, die Gott ihnen in den Weg gelegt hat, damit sie nicht von Walddorf wegkommen“. Ein zweites Mal hatten wir uns um Albertshausen bei Göppingen beworben. Da kamen die Jahre, wo meine Frau die Hüftgelenksoperation hatte, drei Operationen. Die letzte mit einem sehr unbefriedigenden Ergebnis. Meine Frau war 14 Tage, kaum 14 Tage zu Haus, bekommt sie eine Hepatitis, eine Lebererkrankung und muss wieder für vier Monate ins Krankenhaus nach Nürtingen.
Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnre, dann haben wir oft gehadert, haben erlebt was unser Herz für ein trotziges und zugleich verzagtes Ding ist. Wie der Glaube kein Besitz ist, den wir allezeit parat haben. Sondern das es Augenblicke gab, da dachte ich: „Bist wie ein Atheist. Wo ist nun dein Gott?“ – nichts zu merken. Wie viele haben damals um das Gelingen der Operationen gebetet. Nicht nur, das sie nicht gelungen waren, kommt noch diese letzte, zusätzliche Sache mit der Lebererkrankung. Und da dachten wir: Jetzt ist die Zeit in Walddorf vorbei. Denn jetzt kann ich mich in den Ruhestand begeben und kann Krankenpfleger meiner Frau sein.
Was dann passiert ist, das ist euch auch bekannt. Wenn wir an die jetzigen Jahre, die letzten Jahre denken: Meine Frau kam wieder auf die Beine, zwar hinkend, aber doch so, das sie den Haushalt geschafft hat in dem großen Pfarrhaus. Das sie außerdem Besuche gemacht hat. Und das ich merkte, wenn meine Frau einen Besuch macht, das haben manche Patienten fast noch lieber, als wenn ich selbst komme. Und warum? Wer angefochten ist und elend im Bett liegt, der lässt sich nicht so leicht ermuntern und trösten durch einen, der das ja eigentlich nicht nachfühlen kann. Aber wenn jemand kommt, der selbst monatelang in der Klinik oder im Krankenhaus gelegen hat und kommt dann wieder auf eigenen Füßen und ist nicht traurig, sondern zuversichtlich – das hilft dem Kranken. Und wenn wir das bedenken, sollen wir darum hadern? Freilich muss meine Frau weiter durchs Leben hinken, aber wir sind beide dran gereift und haben daraus, das [einzig?] die folgenden Jahre fruchtbarer wurden auch erkennen können – ganz in unserem persönlichen Ergehen: Gott ist größer als unser Herz!

Als letztes: Wenn wir vor ein paar Monaten an den Abschied erinnert wurden, dann legte sich eine Last aufs Herz. Jedes Mal wenn etwas letztes war, letzte Konfirmation, letzte Osterfeiertage, letzte Schulentlassung, usw., usw. Wir haben so vieles erlebt, was immer das letzte war – und dann an den Abschied gedacht, da ist uns [?] und weh geworden. Und ihr wisst ja auch warum, wenn man fast dreißig Jahre in einer Gemeinde ist, dann hat man so viel erlebt. Man ist fast mit jedem Haus irgendwie persönlich verbunden. An den Freuden. Fast alle Kinder können später sagen: „Sie haben mich getauft, sie haben mich konfirmiert, jetzt möchten wir auch von ihnen getraut werden. In so vielen Häusern haben wir Krankheit und sterben miterlebt. Und grade diese Dinge, die ernsten und die fröhlichen Dinge des Lebens verbinden ungemein und deswegen waren wir eigentlich immer froh, wenn unser Weggehen zerschlagen wurde. Wir hatten das Abschiednehmen so satt von früheren Jahren, das wir immer, das ich mir immer gedacht hab´, wie kann man nur von Walddorf einigermaßen so Abschied nehmen, das es nicht geht wie bei einem meiner Vorgänger, der auch noch das Lied singen ließ „Was machet das ihr weinet und brechet mir das Herz“ – und der Abschiedsgottesdienst ein trauriger Gottesdienst war und die Tränen geflossen sind. Ich dacht´ wenn das passiert, ich bin nämlich auch nicht so fest, das wisst ihr von mancher Grabrede oder vielleicht auch von Predigten; meine Frau auch nicht, die heult auch sehr leicht.
Aber wir müssen nicht weinen und ihr müsst nicht weinen, aus einem ganz einfachen, naheliegenden Grunde: Unser Abschied von Walddorf geht nicht in weite Ferne. Sondern wir haben eine sehr schöne Wohnung in Schlaitdorf gefunden, […], wenn jemand heute weinen möchte, zum Abschied mir was Vorweinen möchte, dem sag ich: Komm und besuch´ mich lieber in Schlaitdorf.
Und wenn mir zum Weinen zumute ist – bin so manches Mal, noch als die Wohnung leer war, in diese Wohnung gegangen und hab´ mir angesehen, dieser wunderbare Blick auf die Alb, an klarem Wetter: Die Kaiserberge, Teck, Neuffen, Achalm, Hohenzollern, Lochen – wenn man n´Fernrohr hätte: die Balinger Berge. Das ganze Albpanorama zu sehen. Und vom Balkon aus kann ich den Häslacher Kirchturm sehen und sogar auch die Spitze vom Walddorfer Kirchturm. Und ihr könnte euch vorstellen, wenn ich dann Heimweh bekomme, habe ich auch noch ein Auto und kann nach Walddorf fahren und durch Walddorf fahren und das Heimweh stillen. Auch im Blick darauf: Gott ist größer als unser Herz!
Und Er macht uns auch das oft leicht, woran wir zuvor schwer gedacht haben.

Und dann, nur ein ganz kleines Beispiel. Es heißt ja dann anschließend: »Und erkennt alle Dinge“. Das heißt, Gott kümmert sich und weiß alle Dinge – auch in unserem Leben, auch sogar die persönlichen Dinge. Und wenn wir manchmal den Eindruck haben: „Wo ist nun dein Gott? Gibt es überhaupt Gott? Sieht Er dich? Hört Er dich in deinem Gebet, wenn doch alles schiefgeht?“ Dann passieren wieder ganz andere Dinge, so kleine Dinge, da fängt man sich an zu wundern. Wir haben vor einiger Zeit mit einer Nürtinger Speditionsfirma den Tag des Umzugs festgelegt. Wir wollten eigentlich morgen, Montag, den 24. Juli umziehen. Der Mann da am Telefon sagte: „Nein, das geht leider nicht, da ist schon ein anderer Umzug“. Ich sag: „Ja, aber es sollte doch vielleicht noch in der Woche sein“. Sagt er: „Ja, das geht am Donnerstag. Donnerstag, den 27. Juli“.
Und weil das Losungsbüchlein unser Notizbuch ist, weil wir da ziemlich zuverlässig jeden Morgen reinschauen, trug ich ein, 27 Juli.: Umzug. Dann kuck ich, was ist denn da eigentlich für ne Losung. Steht doch da: „Da zog Abraham aus, wie der Herr ihm geboten hatte“. Wir haben geschmunzelt und gedacht: So, so. Dann kümmert sich der Herr sogar noch um den Tag an dem wir Walddorf verlassen.
Und wenn wir das merken, das wir so in, bis in die kleinsten Dinge eigentlich von Gott erkannt werden – Er erkennt alle Dinge, auch die kleinen Dinge in unserem Leben – dann muss man auch wieder sagen: Gott ist größer als unser Herz! Größer als wir´s Ihm zutrauen.

Zuletzt möchte ich mich noch ganz kurz bei einigen der Mitarbeiter bedanken. Zuerst bei Bürgermeister Bauer – zum zweiten Mal. Er war vorhin schon in Häslach. Ich hab´ gedacht er wird doch nicht auch noch nach Walddorf kommen, sich die Abschiedspredigt zwei Mal anhören. Er hat´s trotzdem getan. Ich war mal Organist. Und da war auch ne´ Filiale dabei und ich muss dann auch in beiden Gemeinden Orgel spielen. Und da hab´ ich auch jede Predigt zwei Mal gehört. Also ganz so schlimm ist es auch nicht.
Ja, dem Bürgermeister mit dem ich doch eine ganze Zeit lang sehr gut zusammenarbeiten konnte, zuerst wo er Bürgermeister in Häslach war und dann wo er Bürgermeister von Walddorf und Häslach war. Wenn ich aber zurückdenke: Da ist noch ein anderer Bürgermeister da, mit dem meine Frau und ich und dessen Familie verbunden sind. Der Bürgermeister Hans Bäuerle ist so ziemlich mit mir als junger Springer nach Walddorf gekommen und wir haben eine ganze Zeit, jahrelang, miteinander gearbeitet und gut miteinander gearbeitet. Ich freue mich, dass der Herr Bäuerle heute da ist und das ich ihm und seiner lieben Frau auch besonders und persönlich danken kann.
Dem Rektor und den Lehrern mit denen ich zusammen gearbeitet hab´. Den kirchlichen Mitarbeitern, dem Kirchenpfleger. Ich hatte in Walddorf und in Häslach Glück mit den Kirchenpflegern. Hier in Walddorf Gustav Lang. Das ist ein gewissenhafter, treuer Mann. Zuverlässig. Der mich auch an manches erinnert hat, was uns gemeinsam anging. Danken möchte ich den Kirchengemeinderäten. Den Helfern im Kindergottesdienst, Karl Heim und den anderen Helfern, die mir ja diese Arbeit abgenommen haben.
Der Mesnerin, dem Dorle Nonnemacher. Ich hab´ mich dran erinnert, wie ich vor Jahren durch Walddorf fuhr und lief um eine Mesnerin oder einen Mesner zu werben – und bekam soviel Absagen. Und an einem Sonntag kommt meiner Frau plötzlich der Gedanke: „Fragen wir doch mal den Werner Nonnenmacher und das Dorle“. Und die haben nicht abgesagt. Und das die den Dienst angenommen haben und die den Dienst angenommen haben mit einer Liebe und mit einer Gründlichkeit, das habt ihr vielleicht sehen können, mit Augen sehen können, wenn das Dorle hier immer uns einen schönen Strauß auf den Altar besorgt hat.
[…] danken, dem Organist. Der Apostel Paulus sagt von einem seiner Mitarbeiter, Timotheus: „Ich habe keinen der so meines Sinnes sei, wie mein Sohn Timotheus“. Und wenn ich an meinen Organisten denke, dann muss ich sagen, ich habe keinen der so meines Sinnes sei was Musik anbetrifft, ich habe keinen der so gut die Orgel bedienen kann, als mein Sohn Klaus.
Ich möcht´ allen Mitarbeitern im CVJM danken, besonders dem Karl Wetzel, dem Ernst Förster, dem Gerhard Lang, Helmut Benz [?] und vielen andern Mitarbeitern. Ich freue mich, was das für Leute waren, die hier mir einen Teil der Jugendarbeit, - diese Arbeit, die mich beschwert hätte, weil ich genug hatte am Religions- und Konfirmandenunterricht. Dann ist man froh, wenn andre da sind, die besonders mit den Konfirmierten sich beschäftigen.

Tja, wenn ich an unsere Zusammenarbeit denke, mit all den genannten und ungenannten Mitarbeitern, wie wir miteinander gewachsen sind, gereift sind, – nicht nur an Alter, sondern auch an Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen, – dann müssen wir wohl auch miteinander rückblickend sagen, denken: Gott ist größer als unser Herz! Amen.