Sonntag, 1. Februar 2015

Der Angriff auf das Sühnewerk des Herrn Jesus

Wenn man sich mit dem christlichen Buchmarkt beschäftigt, insbesondere dem, der auf Massenkompatibilität ausgerichtet ist, wird einem eine Sache nicht verborgen bleiben: »dass einige da sind, die euch verwirren und das Evangelium des Christus verdrehen wollen.« (Galater 1,7b; Elb.CSV).
Dies ist nun keine Neuigkeit mehr, sondern wurde von Brüdern schon wiederholt aufgegriffen, man denke nur an: "dynamisch evangelisieren" (J.-B, Klautke, B. Kaiser und W. Nestvogel) von 2001; "Evangelisation in der Postmoderne" (W. Nestvogel) und "Gott ist nicht pragmatisch" (W. Plock), beide von 2004 oder auch an die Broschüre "Die Auflösung der biblischen Wahrheit durch die modernen Evangelikalen und unsere Antwort" (R. Ebertshäuser) von 2007.

Was vielfach unwidersprochen hingenommen wird, ist nicht weniger, als die Umdeutung althergebrachter Begriffe; man verwendet sie wohl noch, definiert sie aber um, versteht sie neu und hat daraufhin eine "neue, veränderte Sichtweise" wie ein Autor freimütig bekennt. Auf der Suche nach der Lösung für ein "philosophisches Problem", blieb die Wahrheit auf der Strecke.

Begriffe wie Sühne, Gerechtigkeit und Rechtfertigung werden ihrer Bedeutung entkleidet, als hätte der Apostel Paulus niemals geschrieben: »wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Anstoß und den Nationen eine Torheit;« (1. Korinther 1,23; Elb.CSV). Wir brauchen keine "philosophische" Antwort auf die Dinge die von der Bibel her offenbart werden und die das Kreuz in weltlichem Denken weniger "anstößig" und weniger "töricht" macht. Es ist bezeichnend, dass besagter Autor in einem Kapitel gerade der Frage von 1. Korinther 1,18 nachgeht, ohne zu erkennen, dass er selbst gerade darin - freilich ohne es zu wollen - Kompromisse gemacht hatte.

Es ist traurig, wie nahezu widerspruchslos, sich in einst bibeltreuen Kreisen, fundamental falsche Lehren über das Werk des Herrn Jesus am Kreuz und das Wesen Gottes, verbreiten ließen. Man leugnet, dass der Herr Jesus am Kreuz die Strafe vonseiten Gottes getragen hat. Dem wollen wir hier im weiteren nachgehen.

Das Werk des Herrn Jesus am Kreuz in Hinblick auf das Gericht vonseiten Gottes

Die Prophetie des Alten Testaments zeigt durch den Propheten Jesaja: »Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm,...« (Jesaja 53,5a; Elb.CSV) und ebenso deutlich einige Verse weiter: »Doch dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen. Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen, er wird seine Tage verlängern; und das Wohlgefallen des HERRN wird in seiner Hand gedeihen.« (Jesaja 53,10; Elb.CSV).
Der Prophet Sacharja übermittelt uns die Worte Gottes: »Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist!, spricht der HERR der Heerscharen. Schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen. Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden.« (Sacharja 13,7; Elb.CSV). Man beachte auch den vorhergehenden Vers und seinen messianischen Bezug.
Es gibt viele solcher Bezüge auf den Messias im Alten Testament, auch wenn wir uns hier nur auf einige wenige beschränken wollen. Der Apostel Petrus erklärt in Bezug auf David und dessen Darlegungen in Psalm 16: »Da er nun ein Prophet war und wusste, dass Gott ihm mit einem Eid geschworen hatte, von der Frucht seiner Lenden auf seinen Thron zu setzen, hat er voraussehend von der Auferstehung des Christus geredet, dass er nicht im Hades zurückgelassen worden ist noch sein Fleisch Verwesung gesehen hat.« (Apostelgeschichte 2,30-31; Elb.CSV).
Auf dieselbe Weise konnten auch Jesaja und Sacharja von dem sprechen, »was er durch den Mund aller Propheten zuvor verkündigt hat, dass sein Christus leiden sollte.« (Apostelgeschichte 3,18b; Elb.CSV). Denken wir daher auch an Klagelieder 3: »Ich bin der Mann, der Elend gesehen hat durch die Rute seines Grimmes.« ... »Er [Gott] ließ die Söhne seines Köchers in meine Nieren dringen.« (Verse 1+13; Elb.CSV).

Auch im Passah zeigt sich der Charakter des Opfers des Herrn Jesus: »Ihr sollt nichts roh davon essen und keineswegs im Wasser gekocht, sondern am Feuer gebraten: seinen Kopf samt seinen Beinen und samt seinem Eingeweide.« (2. Mose 12,9; Elb.CSV), da wir wissen: »Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden.« (1. Korinther 5,7b; Elb.CSV). Bildlich spricht das Feuer von dem Gericht Gottes, in das der Herr Jesus in den drei Stunden der Finsternis kam; das Passahlamm musste vollständig dem Feuer ausgesetzt werden, der Zorn Gottes vollständig über den Herrn Jesus ergehen und nichts durfte dieses Gericht abmildern, indem Er für uns zur Sünde gemacht wurde - »Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.« (2. Korinther 5,21; Elb.CSV).

In einem Vortrag zum 3. Buch Mose führt Roger Liebi aus:
»Sühnung zu tun heißt auf Hebräisch «lechapper», «alav» über ihm. Das heißt wörtlich: Um über ihm zuzudecken. Also Sühnen heißt zudecken. Das Opfer deckt gewissermaßen den Menschen, der vor Gott mit diesem Opfer kommt, zu. Ja und wenn Gott eben zudeckt mit dem Opfer des Herrn Jesus, dann wird eben diese Herrlichkeit dieses Opfers dem, der es darbringt, zugerechnet. Er wird gewissermaßen damit bekleidet. Und darum lesen wir auch am Schluss von 1. Mose 1, 3: «An den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft soll er sie darbringen, zum Wohlgefallen für ihn vor dem HERRN.» Also die Herrlichkeit des Opfers deckt ihn zu und Gott sieht den, der da kommt, gewissermaßen bekleidet mit der Herrlichkeit des Brandopfers.«
Quelle: sermon-online.de; Roger Liebi, Das dritte Buch Mose, Teil 1/3, Audioabschrift

Eine Verzerrung des Wesens Gottes

Zuerst liegt diese Verzerrung darin, dass man vom Menschen ausgeht (anthropozentristisch) und nicht von Gott (theo- oder christozentristische Verkündigung) nach dem Motto: Ich würde so handeln, warum kann Gott nicht ebenso... Nun, vielleicht deshalb: »Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.« (Jesaja 55,9; Elb.CSV). Darum haben wir auch nötig das Gott sich offenbart, wollen wir nicht mit unseren menschlichen Überlegungen falsche Schlussfolgerungen ziehen.

Zum Weiteren liegt die Verzerrung in einer fehlenden Ausgewogenheit der Darstellung biblischer Wahrheit. Ja, »Gott ist Liebe« (vgl. 1. Johannes 4,8), aber Johannes schreibt nicht umsonst davor, »dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist« (vgl. 1. Johannes 1,5b).

Der reformatorische Ausleger Dr. Martyn Lloyd-Jones äußerte einmal:
»Darum denken Sie immer daran, dass Gott in seiner ganzen Person in jeder einzelnen Eigenschaft zu finden und er alles im gleichen Augenblick ist. Seine Liebe ist eine heilige Liebe. Was für eine Tragöde wäre es, wenn wir dies vergessen würden und seine Liebe gegen seine Gerechtigkeit ausspielen! Nein, nein! Alles in Gott liebt. Alles in Gott ist gerecht und vollkommen rechtschaffen - immer. Wir müssen in unserem Denken allezeit die Ausgewogenheit bewahren, die sich in Gott selbst findet.«
Quelle: D. Martyn Lloyd-Jones, Gott der Vater, 2. Auflage 2005, 3L-Verlag, Friedberg

Und C. H. Spurgeon hielt fest:
»Die Verbindung von Gnade und Gerechtigkeit kann nur in dem Sühneopfer des Herrn Jesus Christus deutlich gemacht werden. Am Kreuz sehen wir, wie gnädig der Herr ist und wie gerecht.«
Quelle: C. H. Spurgeon, Aus der Schatzkammer Davids III, Ev. Versandbuchhandlung, O. Ekelmann Nachf., Berlin

Es verwundert nicht, dass solche die Gottes heilige Liebe auf ihr menschliches Niveau herunterziehen (wenn auch ungewollt), letztlich auch nicht verstehen, dass der Herr Jesus die Strafe für unsere Sünden getragen hat. Die Gnade will man wohl hochhalten, aber die Gerechtigkeit Gottes wird durch Sophisterei ihrer Bedeutung beraubt, indem man über "griechisches" und "hebräisches Denken" fabuliert. Dabei zeigt gerade das Kreuz, dass die Liebe, die Gerechtigkeit und die Gnade Gottes in völligem Einklang miteinander stehen! Wollen wir doch diese Wahrheit dankbar hochhalten, auch gegen solche »aus euch selbst« ... »die verkehrte Dinge reden« (siehe Apostelgeschichte 20,30).