Montag, 23. Februar 2009

Ein Plädoyer gegen den Relativismus

Die Kernthese des Relativismus kann damit wiedergegeben werden, dass die Gültigkeit von Aussagen kontextabhängig ist. Es handelt sich dabei um eine These, die auch in christlichen Kreisen gerne abgewandelt wiedergegeben wird: „Im Grunde genommen kommt es nur auf die Auslegung an, darauf, was jemand aus einem Text herausliest.“
Wohin diese Ansicht führt wurde mir klar, als ich einen Beitrag las, in dem die Autorin in etwa folgende Behauptung aufgestellt hatte: „Es kommt nur darauf an, was wir aus der Bibel herauslesen, Gott wird uns dann aufgrund unseres Verständnisses beurteilen.“

Wer sich einmal näher mit Kommunikation beschäftigt hat, weiß das drei Faktoren eine Rolle spielen.

1) Der erste Faktor ist der Sender, der die ursprüngliche Nachricht formuliert, in unserem Falle Gott.
2) Dieser Sender vermittelt die Nachricht über ein Medium, in unserem Falle die Bibel (und den Geist).
3) Der Empfänger nimmt die Botschaft auf und interpretiert sie für sich.
-> Ziel der Kommunikation ist es eine Botschaft zu übermitteln.

Wichtig ist nun: Egal wie die Interpretation des Empfängers aussieht, ob sie richtig oder falsch ist, an der ursprünglichen Nachricht ändert sich nichts! Und auch nichts an dem, was der Sender sagen will.

Veranschaulichen wir uns das noch etwas. Nehmen wir an ich sage einen Satz wie...
„Dissens“ wird groß geschrieben
Der erste Zuhörer versteht mich richtig; Ich will ihm mitteilen, dass es sich bei dem Wort „Dissens“ um ein Substantiv handelt, das groß geschrieben werden muss.
Der zweite Zuhörer versteht mich falsch. Er versteht: Dissens wird großgeschrieben. Er denkt, dass ich sage, dass Meinungsverschiedenheiten von mir als „wichtig“ angesehen, also großgeschrieben werden.
Beide sprechen mich auf ihre Interpretation an. Wie sieht nun wohl meine Reaktion aus? Werde ich sagen: „Ja, ihr habt beide recht, ich finde es toll, dass ihr beide so bedeutsame Interpretationen gefunden habt, für das was ich sagte.“ Ganz klar: NEIN! Niemand will gerne missverstanden werden...

Warum aber soll es Gott anders gehen? Er hat uns Sein Wort gegeben um uns etwas mitzuteilen. Es ist Ihm nicht egal, wenn wir etwas zu verstehen glauben, was Er überhaupt nicht gesagt hat.
Ich möchte hier einmal an eine Gruppe erinnern, die ziemlich stark im Interpretieren war, die Pharisäer. Und sie waren sich wahrscheinlich auch ziemlich sicher über das was sie glaubten! Was sagt Jesus zu ihnen? Sagt er: „Toll, das ihr so eine wunderschöne Auslegung der Thora habt, ich bewundere euch für eure Meinung. Ich sehe es zwar etwas anderes, aber wir wollen ja nicht so kleinlich und intolerant sein“? Oder sagt er: »Heuchler! Trefflich hat Jesaias über euch geweissagt, indem er spricht: "Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren. (Matthäus 15,7-9; Elb)

Unser Verständnis, unsere Interpretation ist also nicht der Maßstab ob etwas richtig ist! Der Maßstab ist Gott und das was Er uns in der Bibel sagen will. Das sollten wir niemals vergessen. Hier dürfen wir Ihn um Weisheit bitten! (vgl. Jak 1,5; Eph 1,17-19; 2 Thess 1,3)
Wenn wir dann merken, das wir falsch liegen, sollten wir niemals zu stolz oder zu verbissen sein, um daran festzuhalten. Wenn es nur um unser Verständnis geht, sind wir Rechthaber; Aber wenn wir das erfasst haben, was Gott uns wirklich sagen will, dann haben wir wirklich recht!

Umso länger ich Christ bin, umso mehr merke ich wie klar Gottes Wort eigentlich redet. Das heißt nicht, das es nicht auch Stellen gibt, an denen ich stocke, wo ich nicht weiter weiß. Oder aber Stellen, wo ich sage, dass ich sie (noch) nicht nachvollziehen kann und dem Herrn sagen muss, das ich sie erst einmal beiseite legen möchte, um später zu ihnen zurückzukehren; Stellen bei denen ich ältere Geschwister um ihren Rat bitte, weil sie mich verwirren. ... Aber das alles ändert doch nichts daran, das nur die Interpretation richtig sein kann, die auch mit dem übereinstimmt, was Gott auch wirklich sagt!
Und zum Teil gibt Er uns wirklich sehr klare Normen: Du sollst nicht stehlen. Was gibt es da zu interpretieren?

Nochmals: Gott hat einen erklärten Willen. Er ist ein absolut souveränes Wesen. Und wir sollten aufhören so zu tun als käme es nur auf unsere Auslegung (point of view) an, wie bestimmte Grenzen gesetzt werden oder ob Dinge erlaubt sind oder nicht.
Ich erlebe immer wieder Christen, deren eigene Überzeugung und das was Gott ihrem Dafürhalten nach sagt zu 100 % übereinstimmen. Nicht weil sie so geistlich wären, sondern weil sie ihre Überzeugungen als Gottes Willen formulieren; vielleicht sogar ohne dies bösartig oder absichtlich zu tun, sie tun es aber und es ist falsch.
Wir sollen die Bibel unter dem Aspekt lesen, das Gott darin SEINEN Willen offenbart.

Wenn wir dies anerkennen, werden wir uns davor hüten Dingen die Gott nicht legitimiert und die Er Sünde nennt durch kluge Sprüche eine Legitimation verschaffen zu wollen*. Wir werden Seinen Willen gerade dann nicht überlesen oder ignorieren, wenn er unseren bisherigen Überzeugungen widerspricht, sondern uns Seinem Willen beugen. Und wir sind uns der Gefahr bewusst, die vorhanden ist wenn wir unseren Eigenwillen an die Schrift herantragen.

Auch wenn wir einmal etwas lesen sollten, was uns nicht gefallen mag, so haben wir nicht das Recht es deswegen zu ignorieren oder gar zu verdrehen. Wir müssen es so bejahen, wie Gott es sagt. Das ist der Respekt vor Seinem souverän formulierten Standpunkt, meine Verantwortung als Geschöpf und in einem sehr viel erhabeneren Sinn ein Ausdruck der Liebe des Erlösten gegenüber Seinem Herrn (vgl. Joh. 14,21).
Hier dürfen wir von unserem Herrn lernen, von dem es einmal in den Evangelien heißt: »denn ich bin vom Himmel herniedergekommen, nicht auf dass ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.« (Johannes 6,38; Elb)
Und der davon lebte diesen Willen zu tun: »Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.« (Johannes 4,34; Elb)

Fußnote
* Der Autor denkt hier insbesondere an die vielen Dammbrüche auf den Gebieten von Gottesfurcht, Ehe, Familie, Sexualmoral, Feminismus und Homosexualität.