Montag, 4. Februar 2013

Enttäuschung - Teil 2

Betrachten wir nun noch eine andere Seite der Enttäuschung, nämlich die Tatsache, dass der Enttäuschung die Täuschung vorausgeht. Ich schrieb damals: „Die Täuschung weicht der Realität“. Vielleicht können uns in diesem Zusammenhang folgende Verse ein wenig helfen:
»Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird; und achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch beunruhige und viele durch sie verunreinigt werden;« (Hebräer 12,14-15; Elb.CSV)
Es ist interessant, wie wichtig auch hier wieder die Gemeinschaft ist. Nicht eigene Kraft, sondern die Gnade Gottes ist es, die Heiligkeit und Frieden möglich macht. Dabei beschränkt sich unsere Verantwortung nicht nur auf den eigenen Bereich, sondern auch darauf aufeinander Acht zu haben. Die Gefahr wenn dies nicht geschieht, wird deutlich angesprochen: Beunruhigung und Verunreinigung. Es ist natürlich so, dass die Hebräerstelle in erster Linie von Sünde als „Wurzel der Bitterkeit“ spricht und nicht von Empfindungen der Bitterkeit. Trotzdem dürfen wir die Stelle in Behandlung unseres Themas beachten, denn was anderes als Sünde ist denn mangelnde Bruderliebe?
Von Mose wird einmal gesagt: »Er meinte aber, seine Brüder würden verstehen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung gebe; sie aber verstanden es nicht.« (Apostelgeschichte 7,25; Elb.CSV).
Auch dies ist Enttäuschung: Wenn wir die klaren Belehrungen von Gottes Wort vor die Augen von Geschwistern stellen und erleben müssen, das dort überhaupt kein Verständnis aufgebracht wird. Man kann es nur mit Traurigkeit sagen, das der Stellenwert des Wortes Gottes selbst unter wahren Gläubigen, abgenommen hat. Die Bereitschaft um die biblische Wahrheit zu ringen, sich wo nötig korrigieren zu lassen, umzukehren von falschen Wegen und schlicht gehorsam zu sein, ist nicht mehr besonders ausgeprägt. Hier sollten wir nicht resignieren, sondern treu den Dienst tun, den uns Gott gegeben hat. Hier dürfen wir sicherlich auch an Paulus denken, beispielsweise den Brief den er an die Galater schreiben musste, Demas der ihn verlassen hatte, dass alle die in Asien waren sich von ihm abgewandt hatten (vgl. 2. Timotheus 1,15), und anderes mehr, das er zu tragen hatte.

Doch wie wir eingangs sagten, ist nicht jede Enttäuschung negativ. Jona durfte durch Enttäuschung etwas von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes lernen, sowie von seiner eigenen Herzenshärte. Und so konnte Gott zu Jona sagen:
»Und der HERR sprach: Du erbarmst dich über den Wunderbaum, um den du dich nicht gemüht und den du nicht großgezogen hast, der als Sohn einer Nacht entstand und als Sohn einer Nacht zugrunde ging; und ich sollte mich über Ninive, die große Stadt, nicht erbarmen, in der mehr als 120.000 Menschen sind, die nicht zu unterscheiden wissen zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken, und eine Menge Vieh?« (Jona 4,10-11; Elb.CSV).
Jona war enttäuscht, als der Wunderbaum verdorrte und die Hitze ihn ermattete, nicht wahr? Aber was er begreifen musste war doch dies: Während er sich über diesen einen Baum zu erbarmen vermochte, so doch nicht über all die Menschen der Stadt Ninive. Wie segensreich kann es doch sein, wenn Gott uns dort wo wir uns täuschen, ent-täuscht und den Blick darauf freigibt, wie Er die Dinge beurteilt. Lernen wir hier von der Haltung eines Paulus, der voller Mitleid zu sein vermochte:
»denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen.« (Apostelgeschichte 20,31b;Elb.CSV)
»wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt.« (1. Thessalonicher 2,7b; Elb.CSV)
Und dann, wenn wir von der Enttäuschung die durch andere verursacht wurden wegsehen, ganz ehrlich, müssen wir dann nicht bekennen:  Die größten Enttäuschungen erfahren wir durch uns selbst. Da waren Zeiten der Lauheit, der Halbheit, des Hochmuts, der Selbstgerechtigkeit, der Unversöhnlichkeit, der Bitterkeit – ja, der Untreue!  Gott sei Dank, auch darauf gibt es eine Antwort.
»wenn wir untreu sind er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.« (2. Timotheus 2,13; Elb.CSV)
»Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.« (1. Johannes 1,9; Elb.CSV)
Elia hatte dies gelernt. Bitter musste er bekennen:
»Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, HERR, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter.« (1 Könige 19,4b; Elb.CSV).
Aber Gott lässt seinen Diener nicht, er begegnet ihm, richtet ihn wieder auf und wir werden daran erinnert, was der Apostel Paulus Jahrhunderte später niederschreibt:
»Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht. Daher will ich mich am allerliebsten viel mehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus über mir wohne.« (2. Korinther 12,9; Elb.CSV)