Freitag, 2. September 2011

Lese-Tagebuch - Eintrag 6

Buch: Leben oder gelebt werden?
Autor: Lothar Gassmann
Auflage: 1. Auflage 1994
Verlag: Herold-Schriftenmission e.V., Asslar
ISBN: 3-88936-067-X
Seitenzahl: 138

Unbekehrte und neubekehrte Christen sollen durch dieses Buch wohl gleichermaßen angesprochen werden. Die Erklärungen sind einfach gehalten. Dabei habe ich gedacht, wie nötig wir es immer wieder haben an die Grundlagen erinnert zu werden. Ich fürchte, dass wir auf der Suche nach „hohen Wahrheiten“ und „Tiefen der Erkenntnis“ das Einfache nicht mehr in dem Umfang schätzen, wie wir es sollten. Verstehen sie mich nicht falsch, wir sollen in der Erkenntnis wachsen – aber dies sollte doch keinesfalls damit verbunden sein, dass wir die einfachen Glaubenswahrheiten nur noch gering achten.

Ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer, welches von Br. Gassmann angeführt wurde fand ich sehr interessant:
»»Im Glauben sind wir verbunden, nicht in der Erfahrung« (Gemeinsames Leben, München, 18.Aufl. 1982, S.30).« (ebd., Seite 15)
Ein ähnliches Zitat las ich vor einiger Zeit bei Alexander Seibel in dem Buch „Die sanfte Verführung der Gemeinde“:
»Damit ist nicht gemeint, daß Erlebnisse prinzipiell schlecht seien oder negiert werden sollen. Jeder, der Jesus treu nachfolgt, wird Erfahrungen mit seinem Herrn machen. Doch unser Glaube gründet sich nicht auf Erfahrungen oder Gefühle, sondern auf das Wort Gottes und Tatsachen. Auch sind Gefühle nicht immer abzuwerten oder grundsätzlich negativ. Was man jedoch heute sehen kann, ist eine zunehmende Verlagerung der Betonung und der Schwerpunkte. Man ist immer mehr erfahrungs- und gefühlsorientiert. Auch kann der Heilige Geist zweifellos Gefühle bewirken. Jedoch rufen umgekehrt Gefühle und eine emotionalisierte Atmosphäre nicht das Wirken des Heiligen Geistes hervor.

Auch sollen diese Ausführungen nicht den Eindruck erwecken, daß der Verstand die letzte Instanz des Menschen sei, geistliche Wahrheiten zu akzeptieren. Diese ist das Herz des Menschen, seine wahre, innere Persönlichkeit, der auch der Verstand untergeordnet ist.« (Seibel, S.7)

Ebenfalls möchte ich hervorheben, was Bruder Gassmann über die Philosophie schreibt:
»Der göttlichen Offenbarung, wie sie in der Bibel festgehalten ist, tritt die menschlich-selbstherrliche Spekulation gegenüber« … »So faszinierend menschliche Gedankengebäude sein können und so viele gute und richtige Elemente sie auch enthalten können – ihre Gesamtschau wird notwendig falsch, sobald sei sich vom Hören auf Gottes Offenbarung entfernen.« (Gassmann, Seite 104)
Dies ist leider auch vielen Geschwistern nicht klar, die sich für Philosophie, Psychologie oder (manche säkulare) Literatur begeistern lassen. Zugegebenermaßen ist dies auch ein Punkt an dem ich selbst zu kämpfen hatte und die Fronten klären musste. Der Zimbardo für „Psychologie“ steht nach wie vor in der 5. Auflage in meiner Bibliothek – eine Ablehnung erfolgt also nicht aus Unkenntnis. Wie von Bruder Gassmann angedeutet, liegt das Problem im Reduktionalismus dieser Systeme, insbesondere einer falschen Anthropologie. Selbst wenn manche guten und richtigen Elemente enthalten sind – und es wäre töricht dies zu leugnen – nochmals: „ihre Gesamtschau wird notwendig falsch“.

Es sind nur wenige und hauptsächlich eschatologische Fragestellungen, in denen ich mit Bruder Gassmann nicht einer Meinung bin. Da sie aber auch nicht das Hauptthema des Buches bilden und nur vereinzelt vorkommen, will ich das hier nicht aufgreifen.

Ich möchte mit einigen Zeilen schließen, die mir persönlich sehr am Herzen liegen:
»Nur indem wir uns selbst verlieren, finden wir das Leben. Nicht indem wir an unserem Ich festkleben und es mit immer mehr Macht, Reichtum, Wissen usw. ausstaffieren, sondern indem wir das, was uns von Jesus abbringen will, von uns nehmen lassen, indem wir uns Ihm hingeben« (ebd., Seite 60)